Mit Hilfe der digitalen Technik haben heute auch Laien die Möglichkeit, eigene Texte, Filme, Spiele, Musikstücke usw. im Internet zu „publizieren“ und somit mit professionellen Kulturproduzenten zu konkurrieren. Die Grenze zwischen Produzenten und Zuschauern bzw. Konsumenten ist durch diese „Mitmachkultur“ (participatory culture) erheblich verändert worden. Ein Bereich, der mit dem Heranwachsen des Internets große Verbreitung gefunden hat, ist die Fanfiktion. Fanfiktion sind Texte, die von einer existierenden literarischen Welt ausgehen. Es handelt sich dabei oft um Fantasy-Welten, aber auch klassisch kanonisierte Werke wie Stolz und Vorurteil, Lolita, Faust oder sogar die Bibel kommen vor. Diese werden auf irgendeine Weise weitergeführt, indem der Fanfiktion-Verfasser mit dem existierenden Text einfach fortfährt, ihn aus anderen Perspektiven als die ursprüngliche erzählt oder Charaktere weiterentwickelt, die in der Vorlage Nebenrollen einnahmen.
In diesem Beitrag wird mit Ausgangspunkt in der Fanfiktion-Webseite www.fanfiktion.de die Rolle der Fanfiktion im Allgemeinen und die metatextuelle Dimension der Fanfiktion-Texte zur phantastischen Jugendromanreihe der Tintenwelt-Trilogie (Tintenherz 2003, Tintenblut 2005 und Tintentod 2007) von Cornelia Funke im Besonderen diskutiert. Vor den Fanfiktion-Texten steht meistens ein Kommentar des jeweiligen Verfassers zum „publizierten“ Beitrag. Ausgehend von diesen author‘s notes wird die Annäherung der Fanfiktion-Schreiber und -Schreiberinnen zur Vorlage erläutert; wie sie sich dazu verhalten und wie sie ihre Rolle in der Beziehung zwischen den literarischen Vorlagen und ihren „neuen“ Texten betrachten, kurz ihre Rolle im Grenzland zwischen Leser- und Verfasserschaft.